Wenn du jemals das Vergnügen haben wirst, in die funkelnde Welt der World Series of Poker einzutauchen, dann solltest du wissen, dass die Wahl des Starttages beim Main Event so entscheidend sein kann. Ähnlich, wie die Entscheidung, ob man mit 12 Big Blinds und einem Paar Zweien UTG All-in geht oder die Hand doch nochmals weglegt. Lasst uns also eine kleine Tour durch die Logistik und die kleine Wissenschaft hinter der Wahl dieses Starttages machen.

Tag 1a: Der frühe Vogel fängt den Wurm

Am ersten Starttag treten erfahrungsgemäß lediglich etwa 10% der Gesamtteilnehmer beim WSOP Main Event an. Hier könnte man denken: „Weniger Fische im Teich, also auch weniger Erfolgsaussichten beim Angeln!“ Aber denke daran, dass es auch wie bei einem riesigen Familienessen zu Thanksgiving sein kann. Du könntest am Ende neben dem großzügigen Onkel sitzen, der reihenweise (Chip-) Geschenke verteilt. Oder natürlich auch von diversen hyperaggressiven Pros und/oder Online-Qualifikanten umgeben sein, die für sich entschieden haben, dass jeder Pot ihr Geburtsrecht ist. Ein gewaltiger Vorteil, direkt an Tag 1a loszulegen, ist zweifelsfrei, dass man nach einem langen Arbeitstag gleich mehrere Tage Zeit hat, um den leer gelaufenen Akku bis Spieltag 2 wieder voll aufzuladen.

WSOP Turniersaal Paris Hotel
Spätestens an Tag C ist der Ball Room im Paris Hotel bis auf den letzten Platz gefüllt.

Tag 1b: Das gemäßigte Mittelfeld

Die Spieler, die sich für Tag 1b entscheiden, sind häufig Online-Qualifikanten. Diese digitalen Cowboys sind bereit, ihre virtuellen Fähigkeiten in die reale Arena zu bringen. Es ist wie ein Blind Date – man weiß nie, was man bekommt, aber die Aufregung ist unbestreitbar! Aber auch Teilnehmer, die bewusst den Feierlichkeiten des 4. Juli (US-Nationalfeiertag) aus dem Weg gehen möchten, findet man an Tag 1b, der wie Tag 1a nur ca. 10% der Gesamtteilnehmer anzieht.

Tag 1c: Die Ruhe vor dem Sturm

Tag 1c ist etwas für diejenigen, die das erste Gedränge umgehen wollen, aber auch nicht bis zum letzten Moment warten möchten. Quasi der „Mittwoch“ der WSOP-Starttage – nicht wirklich bemerkenswert, aber immer noch ein guter Tag zum Spielen. Vier der letzten sechs WSOP Main Event Champions starteten an Tag 1c. Wenn das mal kein gutes Omen ist. Mit über 3.000 Spielern im letzten Jahr war der dritte Starttag sehr gut besucht.

Tag 1d: Die Nachzügler und die Schlauen

Erfahrene Poker-Profis, aber eben auch viele US-Hobbyspieler bevorzugen Tag 1d. Warum? Es ist wie das Schlussverkauf-Event im Einzelhandel. Alle Schnäppchenjäger kommen heraus – nur sind diese Schnäppchen in Form von Chips und nicht von halbpreisigen Toastern. Wer gegen Chaos & Hektik im Pokerraum, wie auch in den Pausen, immun ist und wem es nichts ausmacht, auch mal 15 Minuten vor der Toilette Schlange zu stehen, der ist an Tag 1d gut aufgehoben. Im letzten Jahr waren es über 4.100 Spieler, die sich für diesen Starttag entschieden haben.  

WSOP Main Event Horseshoe
Volle Tische sind der Normalzustand beim WSOP Main Event

Strategische Pausen

Spieler, die sich für die ersten Tage entscheiden, genießen zusätzliche Pausentage. Nicht nur vor Tag 2, sondern nochmals einen zusätzlichen vollen Tag zwischen Day 2 & 3. Diese Ruhezeiten sind wie kleine Urlaube in der Hitze des Gefechts – eine Gelegenheit, die Batterien wieder zu reloaden und die nächsten Schritte zu planen. Man könnte sagen, diese Spieler sind die „Work-Smart-Not-Hard“-Fraktion der Pokerwelt.

Aber welcher Tag ist denn nun der Beste?

Eine pauschale Lösung oder die perfekte Antwort gibt es nicht. Jeder Teilnehmer hat andere Aspekte & Prioritäten bei der Auswahl. Die Hauptsache ist, dass man sich wohl fühlt.

Wenn du die Menge liebst und dich wie ein Fisch im Wasser fühlst, wenn es hektisch zugeht, dann ist Tag 1d vermutlich dein Laufsteg. Wenn du es vorziehst, das Geschehen erst einmal in Ruhe zu verfolgen, um darauf basierend Strategien auszuarbeiten, während du dich zwischen den Spieltagen erholst, dann könnten die Tage 1b oder 1c dein Ding sein. Und wenn du es liebst, dich mit einem Mix aus Online-Qualifiern sowie Profis zu messen und dein Spiel auf die nächste Stufe heben möchtest, dann nimm den Hut, den Zauberstab und melde dich für Tag 1a an. Letztlich kann man bei der Auswahl so viele Pro & Contras ausdiskutieren, wie man möchte. Man benötigt bei der Tischauslosung und bei der Zuordnung der Gegner immer auch ein wenig Glück.

Egal für welchen Tag du dich entscheidest, vergiss eines auf jeden Fall nicht: Bei der WSOP, wie im Leben, ist das größte Spiel, das du spielst, oft das gegen dich selbst. Also wähle weise, spiele mutig und vergiss nicht, zwischendurch zu genießen und Spaß zu haben. Denn das Main Event der World Series of Poker ist und bleibt das geilste Pokerturnier der Welt. Enjoy every single moment. 

Martin “Potti“ Pott