Von Martin ‚Potti‘ Pott

Turniere oder Cashgames? Diese Frage stellt sich früher oder später jedem Pokerspieler. Spätestens dann, wenn man etwas ambitionierter und intensiver angehen möchte. Und eine Behauptung meinerseits gleich mal zu Beginn: Viele Pokerspieler treffen hier die falsche Wahl. Sie bevorzugen das Turnierspiel, obwohl sie vom Typ her wesentlich besser im Cashgame aufgehoben wären. Aber genauso kenne ich auch Cashgamespieler, die von ihrer Anlage her wesentlich besser ins Turnierformat passen.   

Auf den ersten Blick ähneln sich beide Formate. Es gibt viele Gemeinsamkeiten. Aber es gibt eben auch einige ganz entscheidende Unterschiede.

1. Bei Turnieren steigen die Blinds nach jedem Level an.

2. Sofern es kein Re-Entry (oder Rebuy) Event ist, ist ein Turnier dann beendet, wenn man keine Chips mehr hat, während man beim Cashgame jederzeit nachladen kann.

3. Im Cashgame kann man zu jederzeit aufstehen und die Gewinne “mitnehmen“. Zum Beispiel, wenn man müde ist oder wenn das Spiel nicht mehr attraktiv erscheint. Ein Turnier ist jedoch erst dann beendet, wenn man ausgeschieden ist oder eben alle Chips vor sich stehen hat.

Welches Format ist für deinen Typ besser geeignet? Tipps & Ansätze.

Du möchtest mit relativ kleinem Einsatz einen sehr hohen Gewinn erzielen? Dein Investment verzigfachen, im Idealfall gar verhundertfachen oder noch mehr? Diese Chance wird Dir definitiv nur das Turnierformat geben!

Du hast alle Geduld & Disziplin der Welt? 30, 50 oder mehr Starthände in Serie zu passen sind überhaupt kein Problem? Und mit einer Starthand wie 83 am Button würdest du niemals die beiden viel zu ängstlichen Spieler im Small & Big Blind angreifen, weil du dich dabei unwohl fühlst? Dann ist das Cashgame das bessere Format für dich. 

Das Verlieren mit einer einzigen Hand, z.B. durch eine perfekte Riverkarte für den Gegner, kann dich an manchen Tagen bereits völlig aus dem Konzept bringen? Vielleicht sogar zum temporären Kontrollverlust der rationalen Entscheidungen (in der Pokersprache gern auch als Tilt bezeichnet)? Dann kann es beim Cashgame unter Umständen richtig kostspielig werden, und du bist ganz sicher besser im Turnier aufgehoben. Denn dort hältst du den Verlust in Grenzen. Es geht maximal das Startgeld für das eine Event verloren.

Tom Dwan Cashgame
Tom Dwan verdient sein Geld beim Pokern mit Cashgames

Sehr lange Poker-Sessions sind aus beruflichen oder anderen Gründen nur bedingt möglich? Du wirst zwischendurch schnell müde? Oder hast Probleme über etliche Stunden dein A-Game zu zeigen? Oder es ist aus gesundheitlichen Gründen einfach nicht möglich sehr viele Stunden am Stück zu sitzen? Dann sollte definitiv das Cashgame dein bevorzugtes Format sein, denn du beendest das Spiel, wann immer du möchtest.

Ein weiterer extrem wichtiger Punkt ist die Varianz. Bei Turnieren kann es vorkommen, dass man bei sehr vielen Events in Serie – durch welche Gründe auch immer – eben nicht auf den vorderen Rängen bzw. im Preisgeld landet. Während es dann wie aus dem Nichts gleich mehrmals einschlägt und vordere Platzierungen in Serie produziert werden. Wer mit diesen potentiell auftretenden sehr langen Durststrecken finanziell sowie mental keine Probleme hat, der ist beim Turnierformat gut aufgehoben. Beim Cashgame sind diese Durststrecken definitiv nicht so lang und extrem.

Ein Beispiel zum Thema Varianz

Zum Thema Varianz möchte ich noch ein kleines Beispiel anfügen. Der finnische Weltklassespieler Juha Helppi hat in seiner Pokerkarriere bereits über 8,2 Millionen Dollar bei Turnieren gewonnen. Er ist die Nr. 2 seines Landes und die Nr. 173 auf der Welt. Ein absoluter Top-Spieler. Bei seinen ersten 40 Main Event-Teilnahmen einer europaweiten Turnierserie von 2004 bis zum Dezember 2008 kam der Finne nicht ein einziges Mal ins Preisgeld. Die sehr hohen Startgelder inkl. der für Reisen, Unterkunft, etc. verbundenen Nebenkosten hätten für sehr viele Pokerprofis das AUS bedeutet – Bankrott! Juha Helppi konnte diese negative Varianz finanziell wie mental kompensieren. Er ist auch heute noch im Poker-Business vertreten.

Geduld und Disziplin sind kein Problem? Du kannst die Gänge jederzeit hoch und runter schalten und dein Spiel an die aktuelle Tischdynamik sowie Spielweise der Gegner anpassen? Eine kleine Negativserie beeinflusst dein Spiel nicht im Geringsten und du bist zudem in der Lage einen positiven Lauf voll auszureizen? Dann mache dir keine Gedanken! Egal, ob Turnier oder Cashgame – Poker, das schönste Spiel der Welt, wird dir in beiden Varianten nicht nur viel Spaß bereiten, sondern auch die gewünschten Erfolge bringen. 

Good game – wir sehen uns an den Tischen.

Der Turniersaal bei der WSOP Paradise
Der Turniersaal bei der WSOP Paradise